2012 1. Juli 2012: Rabbi Tsvi Blanchard bei Ohel Hachidusch

1. Juli 2012: Rabbi Tsvi Blanchard bei Ohel Hachidusch

Wir hatten mal wieder grosses Glück: am 1. Juli 2012 besuchte uns Rabbi Tsvi Blanchard auf unserer "Aussenstelle" in Gatow,  um uns einen Shiur zu geben und unser Öko-Kashrut Projekt kennenzulernen. Rabbi Blanchard hat einen beachtlichen beruflichen Lebenslauf: Er ist orthodoxer Rabbiner, Director of Organizational Development at CLAL - The National Jewish Center for Learning and Leadership-, Jurist, promovierte in Psychologie und Philosophie und hält die Meyer Struckman Professur für Jüdisches Recht an der Humboldt-Universität in Berlin. Und noch viel mehr. Einzelheiten finden Sie im link:

http://torahinmotion.org.c1.previewmysite.com/spkrs_crnr/faculty/bioTsviBlanchard.htm
                         
Seinem Shiur lag Gen. 11, 1 - 8 ( Turmbau zu Babel, Parascha Noah) zugrunde. Im Gegensatz zu den üblichen Interpretationen, dass Gott die bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Sprache sprechenden Menschen für ihre Arroganz und ihren Grössenwahn bestrafen wollte, stellte Rabbiner Blanchard einen anderen Gesichtspunkt zur Diskussion: das von Gott auferlegte Sprachgewirr war auch eine Chance. Dadurch konnten sich kulturelle Vielfalt, Visionen, neue Ideen und weiteres Wachstum entwickeln. Ohne diese macht sich lähmende Stagnation in Gruppen, Gemeinschaften und Ländern breit. Diese Interpretation hat uns fasziniert und darin bestätigt, Kreativität und Indivudualismus unserer Ohelistas nicht durch lähmenden Konformismus zu ersticken.
  
       
Nach dem Shiur hatten wir Gelegenheit zu weiteren Fragen. Da wenige Tage vorher ein Kölner Gericht die rituelle Beschneidung bei Juden und Moslems als Körperverletzung und damit als strafbare Handlung eingestuft hatte, bestand reichlich Diskussionsbedarf. Wir waren dankbar für die Chance, in Rabbi Blanchard einen  Experten für jüdisches Recht bei uns zu haben. Mich persönlich hat es sehr betroffen gemacht als er erwähnte, dass er so etwas wie das Kölner Urteil erwartet hatte, denn die Fragen seiner Studenten hatten ihn vorgewarnt. Ich frage mich ob die sprichwörtliche German angst die rituelle Beschneidung verurteilt aber eigentlich die unbekannten Religionen meint? 

Rabbi Blanchards Begabung, praktische Ratschläge zu geben und Stoff zum Nachdenken zu vermitteln, hat mich sehr beeindruckt. Trotz seiner wissenschaftlichen Leistungen ist er mentsh geblieben. Lieber Rabbi Blanchard, vielen Dank, dass Sie uns nicht nur einen Shiur über Vielfalt gegeben haben sondern sie auch vorleben.

  
   

Text: Etha Jimenez                  Photos: Anna Adam 



Purim 2012

Ohel Hachidusch hatte mal wieder grosses Glück: Carolyn Landry leitete bei uns am 7.3.2012, an Erew Purim, ein interaktives Puppenspiel. Alle Puppen und das Bühnenbild (Ishtar- Tor) wurden von ihr bis ins kleinste Detail liebevoll handgemacht wie ihr euch in der folgenden Bilderserie überzeugen könnt. 

  
  
  
  
 
Claudia und  Daniel erwiesen sich  als talentierte Puppenspielschüler und Cantor Jalda las professionell Carolyns Variante der Esther-Geschichte. Für spontane Einfälle war natürlich auch reichlich Raum.

  

Die Kinder waren beeindruckt und begeistert und besonders Ben  legte sich mit einem wilden  Trommelwirbel auf allem, was Krach machte, ins Zeug, wenn sich das Stichwort “Haman” durch eine unheilvolle Stimmveränderung Jaldas ankündigte.

Natürlich waren auch die meisten von uns verkleidet: vom freundlichen Punk bis zum Roboter gab es viele phantasievolle Kostüme.

   
                              

Beim abschliessenden Kiddusch stärkten sich alle Puppenspieler und Krachmacher mit vielen hausgemachten Leckereien. Aber in erster Linie selbstverständlich mit Hamantaschen  in allen Variationen, um allen Hamans dieser Welt ein Schnippchen zu schlagen.

  
                                              

Wir danken allen, die in irgendeiner Form geholfen haben, also allen. Besonders aber Carolyn. Liebe Carolyn, komm bald wieder mit Deinem prächtigen Puppen-Ensemble.
Text:  Etha Jimenez
Fotos: Anna Adam, Gaby Nonhoff



Pessach 5772 -  2. Seder im Zelt von Ohel Hachidusch
 
Viele hatten bei den Vorbereitungen geholfen: es wurde geputzt und gekaschert mit Marlis,
eingekauft, geschnipselt, gekocht und dekoriert; es wurden Tische und Stühle gerückt und Getränke geschleppt. Die Sedertafel sah nun festlich und einfach wunderschön aus. Die Gäste konnten kommen. Noch schöner als im Vorjahr, sagte Anna nach Künstlerinnenblick. Unser Zelt, frisch geschmückt, zeigte sich also prächtiger als zuvor und barg damit das Versprechen, dass zukünftig vielleicht noch mehr warten wird. Wir waren insgesamt 50 Feiernde. Dies schien schon einmal, angesichts der Ausmaße des Zelts, rein optisch, ein gelungener Umfang für unsere Tischgemeinschaft. Einige waren extra von fern nach Berlin gereist und eine Teilnehmerin hatte noch nie zuvor einen Sederabend erlebt. Die Kinder tummelten sich auf dem Playgroundteppich in der Raummitte.
  

Darum zog sich die mit bunten Frühjahrsblumen geschmückte und mit köstlich aussehenden Dingen reich bestückte Festtafel. Sie bot auch alles Rituelle, was dazu gehörte incl. der Orangen.
                                      
Für deren Platz auf dem Sederteller, so wurde allen vorab erläutert, hatte Susannah Heschel in USA vor Jahren den Anstoß gegeben. Unser Ehrengast war Rabbiner Levinson, der Annemarie Werner als  liebevolle Betreuerin an seiner Seite hatte. Er ließ in seinem greisen Alter keine Gegenwart erkennen, doch später als wir zu den rituellen Speisen kamen und die vertrauten Lieder, Lobsprüche und Psalmen sangen, hatte ich das sichere Gefühl, dass wir alle zusammen feierten. Die Aufmerksamkeit der festlich gekleideten Menschen richtete sich voller Vertrauen auf unsere Kantorin Jalda Rebling  Sie würde uns sicher durch die Haggada führen.
  
Zu Beginn beschrieb sie die Tradition der Trontheimer Juden, die ihre Schabbatzeiten seit jeher nach „Jerusalem time“ ausrichten. Sie erklärte auch, dass es dem Brauch entspräche, einen Jom Tov zeitlich auszudehnen. Dann nahm sie von einer brennenden Kerze Licht ab und entzündete die Festtagskerzen. Kadesch - der erste Schritt! Dann zogen wir weiter, Schritt um Schritt, aus Mitzraim und unserer Befreiung entgegen. Jalda erläuterte, dass die Israeliten ihre Unfreiheit in Mizraim überhaupt erst nach dem Auszug erkennen konnten. Die Spanne beide Seiten wahrzunehmen und die Möglichkeit zu haben, Freiheit wählen zu können, setzte voraus, die Sicherheit Mitzraims zu verlassen und die Unsicherheit des Auszugs zu wagen. Die politische Aktualität der Haggada zeigte unsere Kantorin dann an folgendem Beispiel auf: So heißt es doch dort  an einer Stelle, dass Pharao die Israeliten zu fürchten begann, die zu einem großen Volk herangewachsen waren. Pharao unterstellte den Israeliten, dass sie Krieg unter die Völker bringen würden. Wie alt und wieder neu ist doch dieser Vorwurf! Ich denke, dass immer wieder Kamele um "Pharaostern" von dem "Grass" fressen, im Glauben, es sei längst drüber gewachsen. Wir vergessen nicht und erinnern uns. -  Dann das köstliche ökokoschere Mahl! Bereitet mit Liebe und Erfahrung der Chefinnen Anna und Gaby und ihren Helfern. Dieses wahre Symposiumsmahl spottete allen Frühjahrsdiäten. Das Lamm mundete einfach englisch, die Beilagen übertrumpften einander schon bald im Wettlauf um die Magenrestplätze, auf die sich dann doch noch der munchy Matzenkuchen quetschten konnte und so den Afikoman vorsüßte. Den erhielten wir auch in diesem Jahr wieder von Ben, der das Versteck mit feinem Spürsinn ausmachte, nachdem die anderen Kids aufgeregt daran vorbeigestürmt waren. Geschenkle gabs dann - klar doch - für alle Kinder! Elia erhielt selbstverständlich seinen Becher Wein und Miriam ihr Glas Wasser. Der Ohelseder klang mit Liedern und dem Zählen des 1. Omers aus. Bis nächstes Jahr in Jerusalem! Oder in Berlin? -  Mein Vater, sel. A., sagte früher immer: wir denken jetzt an die fernen Lieben! Ich glaube, ich teile beim Seder mit vielen ein Gefühl der Verbundenheit. Das Bewusstsein, dass überall auf der Welt, rund um die Uhr, wie schon in vielen Generationen zuvor,  Juden mit uns feiern, stärkt.  
Text:   Deborah Williger
Fotos:  Anna Adam, Gaby Nonhoff


Schiur mit Rivka Jaussi: "Mahlzeit - b-Te´avon". Von der jüdischen Tradition des Segnens und den Traditionen des Brotsegnens

An Schabbat Wajikra/Rosch Chodesch Nissan hatten wir bei Ohel Hachidusch das Vergnügen, von Rivka Jaussi - Autorin eines Siddurs in geschlechtergerechter Sprache - eine Menge Interessantes über die Tradition jüdischer Segenssprüche zu erfahren. Ausgangspunkt ihres Vortrags war die Frage, ob es überhaupt gestattet ist, Segenssprüche zu verwenden, die von den üblichen Formulierungen abweichen.

Rivka erklärt uns, dass die Wurzeln der Segensformeln, wie wir sie heute kennen, zwar im Tanach liegen (1. Chronik 29:10), dass jedoch bereits in rabbinischer Zeit kreative Prozesse stattgefunden haben, die Kürzungen und Umschreibungen mit sich brachten. Eine ganz grundlegende Ergänzung war beispielsweise die unmittelbare Ansprache des Göttlichen mit "atah" (du), worin sich übrigens ein wichtiges Detail verbirgt, von dem gleich noch die Rede sein wird. 

Nachdem also offensichtlich ist, dass ein formender Umgang mit Bestehendem nicht nur zulässig, sondern sogar beste Tradition ist, stellt uns Rivka im nächsten Schritt verschiedene Variationen des Brotsegens vor. Dabei geht sie vor allem auf das Anliegen feministischer Gruppierungen ein, durch die Wortwahl weibliche Aspekte des Göttlichen sichtbar zu machen. 
An dieser Stelle tritt nun die spannende Erkenntnis zu Tage, die das "atah" betrifft. Die Mystiker des Mittelalters nämlich meinten, in diesem kleinen Wörtchen einen überraschenden Hinweis zu entdecken: Der Buchstabe ה am Ende eines Wortes im Hebräischen, dem der Laut "a" vorangeht, kennzeichnet in der Regel ein grammatikalisch weibliches Wort. Was könnte das bedeuten? Die Mystiker verstanden es als Hinweis auf die Schechina, die traditionell als weiblich verstandene Gegenwart des Göttlichen in der Welt, die auch mit der zehnten Sefira Malchut assoziiert wird. Was läge also näher, dachten sich vor allem Frauen, als das "du" in der weiblichen Form zu verwenden und die Schechina auch zu benennen? So entstand: "Brucha at Sch'china..."   
Die Beobachtung, dass der Wortstamm von "Baruch" identisch ist mit dem von "Brecha", was Schwimmbecken, Bassin oder Wasserquelle bedeuten kann, ermöglicht eine Lesart von 
 ברוך אתה nicht als "gesegnet/gelobt seist du", sondern als "Wasserquelle du". Daraus wiederum kann die Formulierung "Brucha at Ein ha-Chajim" ("Quelle des Lebens") abgeleitet werden - im Hebräischen wie im Deutschen auch grammatikalisch weiblich. 
Da das Göttliche letztlich jenseits der Kategorien "männlich" oder "weiblich" gedacht werden muss, finden viele von uns spontan Zugang zu der geschlechtsneutralen Einleitung "Nevarech et..", "Segnen wir/Wir wollen segnen". Diese betont gleichzeitig die aktive Rolle der Segnenden sowie durch die Verwendung des "wir" die Gemeinschaft. 
Im Segensspruch des humanistischen Judentums ist das Göttliche ganz in den Hintergrund getreten; stattdessen richtet sich der Blick auf die Arbeit der Menschen, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass das Brot auf unseren Teller gelangt ist ("die Brot aus der Erde hervorbringen", "unserer Hände Mühe"). Vielleicht ein guter Anlass darüber nachzudenken, unter welchen Bedingungen unser Essen entsteht? Außerdem bietet diese Variante natürlich die Möglichkeit, die Tradition des achtsamen Innehaltens vor dem Essen auch unabhängig von religiösen Vorstellungen beizubehalten. Die Unterzeichnende mag sich mit dieser anthropozentrischen Formel jedoch nicht so recht anfreunden. 
Mithilfe eines kleinen "Baukastens" können wir zum Schluss individuelle Segensformeln selbst zusammenstellen. Besonders gefällt mir persönlich der Baustein "Ruach ha-Olam" anstelle des geläufigen "Melech ha-Olam". Denn manchmal im Alltag muss ich an ha-ruach denken, nämlich immer dann, wenn ich aus der U-Bahn die Treppen hinaufsteige und mir plötzlich, scheinbar aus dem Nichts, viele Sekunden lang ein richtig heftiger Wind um die Ohren fegt... Außerdem mag ich Rivkas Übersetzung von ruach als "das uns immer Begleitende". 

Inzwischen aber ist es Zeit, zum praktischen Teil des Nachmittags überzugehen, denn beim Zuhören haben wir Hunger bekommen. Rivka bringt uns die passende Melodie für den "Nevarech"-Segen bei, und dann gibt es, wie immer bei unseren Veranstaltungen, etwas Leckeres zu essen. Be-Te'avon! 
Text: Isabelle Wagner


Pflanztag auf unserem Oekofeld am 18.3.2012

Rita, unsere weise Frau für Wetter und Pflanzen, hatte mal wieder recht: der 18. März war der ideale Pflanztag. Der Frühling lag in der Luft, die Sonne schien und in unseren Bäumen erahnte man die ersten Knospenspitzen neuen Lebens. Am Global Day of Jewish Learning am 13. November 2011/ 16. Cheschwan 5772 hatten wir ja schon 18 Bäume (18 = chaj) gepflanzt und konnten uns im Winter bei unseren Veranstaltungen in Gatow davon überzeugen, dass es den Bäumchen gut ging. Alle 18 haben den Winter überstanden. 
Nun sind wieder einige Obstbäume und Beerensträucher dazugekommen. Sie wurden 3 Jahre in einer ökologischen Baumschule im Umland von Berlin gehegt.
  

Wir Stadtkinder hantierten gekonnt mit den von Ulli bereit gestellten Spaten und man erkennt in den zügigen Bewegungen unschwer das Training vom letzten Sommer und Herbst. Unsere Ohelistas blühten in der frischen Landluft sichtlich auf  und Gaby erinnerte sich bestimmt an ihre Jugendtage im Kibbuz.
  
  
  
     
Ulli lenkte souverän seinen Traktor und Dvora outete sich als Fan von und Expertin in PS-starken Traktoren jeglicher Bauart und jeglichen Baujahres. Natürlich durfte sie eine Runde fahren.
  

Eine ganz besondere Freude war es für uns alle, Jalda beim Pflanzen ihres Geburtstagsbäumchens für Rabbi Marcia Prager zu helfen. Reb Marcia hatte sich eine Kirsche gewünscht und wenn alles klappt, gibt es schon in 2 Jahren bei Reb Marcia und Chazzan Jack Öko-Kashrut Bio-Marmelade made in Gatow zum Frühstück.
  

Auch Sabines Bienen beginnen wie seinerzeit Noahs Tauben zu testen ob die Luft rein ist. Der erste Honig zu Sukkot war köstlich, kein Wunder bei den besonderen Blumen aus Ritas Garten der Weltreligionen. Nun hat Sabine ihre Bienenvölker um 2 weitere auf unserem Öko-Feld vermehrt. Auch diese Gourmets heissen wir willkommen. 
  

Und noch etwas hat sich in diesem Frühjahr auf unserem Feld getan: Ulli und seine fleissigen Helfer haben unter unseren Obstbäumen einen Weg angelegt, der kinderwagen- und rollstuhlgängig ist und zu meditativen Spaziergängen einlädt. Vielen Dank, lieber Ulli und liebe Rita, für so viel Fürsorge. 

Bald wird hier ein Blütenmeer zum Innehalten einladen. Kann man sich ein schöneres Plätzchen vorstellen, um Rabbi Nachmans Anleitung zum Gebet in freier Natur umzusetzen?

Liqutei Moharan 2:11 – Rebbe Nachman on prayer outdoors, in nature
Know! When you pray in the field, then all the grasses and herbs enter your prayer, and help you and give you strength in your prayer. This is why prayer is called שיחה sicha, conversation/meditation, from the expression “plants (שיח siach) of the field” {Genesis 2} because all the plants of the field give strength and help to your prayer.

                   

This connects with “Isaac had gone out to meditate (לשוח lasuach) in the field” {Genesis 24}. His prayer was with the help and strength of the field, because all the grasses and herbs of the field gave strength and help to his prayer; that is why prayer is called Meditation שיחה sicha).
That is why a dread warning states “the earth will not give her growth (יבול   yevul)” {Deuteronomy11}. We need all that grows from the earth to give strength and help to prayer. When this is blemished or blocked, then “the earth will not give her growth.” 

Even when you do not pray in the field, what grows from the earth helps your prayer, through what you eat and drink and so on, which is close to you. But when you pray in the field, closer to them, then all the grasses and herbs and everything growing from the earth give strength to your prayer. That is why  יבול  yevul (growth) is made up of the initials of בשדה לשוח יצחק ויצא   vayetzey yitzchak lasuach basadeh, “Isaac had gone out to meditate in the field,” because everything growing in the field was praying with him.
(Herzlichen Dank an Ben Baader für den Text-Hinweis).
Text:   Etha Jimenez
Fotos: Anna Adam, Gaby Nonhoff, Ulrike Bergold



 
Tu bi Schwat 2012

Öffnet man die Tür zu Ritas und Ulis Remise in Gatow, so hat man das Gefühl, als beträte man ein wunderschönes Bilderbuch für die Sinne. Das gedämpfte Licht, der Geruch von Kräutern und duftendem Holz auf dem Kaminofen, die Wärme und die Freundlichkeit, die einen hier umschließen, zaubern ein tiefes Gefühl von Geborgenheit im Innern hervor und ein Lächeln auf die Gesichter. Man könnte sich kaum einen geeigneteren Ort vorstellen, um sich des Guten und Lebensspendenden bewusst zu werden, das uns so großzügig zufließt, in jedem Augenblick, als Geschenk, einfach nur so.
  

Als wir uns um die von Rita festlich dekorierte Tafel versammelt haben, ertönen die Klänge von Frankas Akkordeon und Jalda stimmt für uns einen wiederentdeckten Niggun aus dem Repertoire ihrer Mutter an.
  
Mit Texten, die Jalda, Dvora, Anja und Marlis vorbereitet haben, nähern wir uns verschiedenen Aspekten von Tu biSchwat. Ein Vorstellung aus der Kabbala besagt, dass unser Genuss in dieser Welt auch eine Entsprechung in der verborgenen Welt hat.

Dvora erklärt, inwiefern das Essen der Feige mit dem Lernen der Tora verglichen werden kann: alle Teile der Feige sind für uns essbar, so wie alle Teile der Tora für uns geistige Nahrung sein können, auch diejenigen, die sich uns nicht sofort erschließen. Einige Worte aus dem P'ri Eitz Hadar, einer Haggada für Tu biSchwat aus dem 18. Jahrhundert, sind besonders berührend:

"Möge die ganze Schöpfung zu ihrer einstigen Stärke zurückkehren und mögen die Funken der göttlichen Energie, die unsere Hände oder die unserer Vorfahren zerstreut haben, zurückkehren und sich wieder mit der Macht und der Majestät des Baum des Lebens vereinen."

Gemeinsam sprechen wir den Segen über die Früchte Israels, die auf einem Teller appetitlich angerichtet sind: Weizen und Gerste, Weintrauben (der Jahreszeit entsprechend in Gestalt von Rosinen), Feigen, Oliven, Datteln beziehungsweise Honig, ein Granatapfel - und auch Mandeln haben sich eingeschlichen.

Nach dem wie immer köstlichen Büffet, dessen Krönung heute ein wunderbarer Obstsalat ist, wagen wir uns mit Kerzen hinaus in die Kälte, um der Birke einen Besuch abzustatten. Eine gute Gelegenheit, den Vollmond und den klaren Sternenhimmel zu bestaunen! Die Birke möchte derweil noch ein wenig Winterschlaf halten; bei diesen Temperaturen kann man ihren Saft noch nicht aufsteigen hören.

                  


In die Remise zurückgekehrt, pflanzt Lilli, die Jüngste in der Runde, schon einmal Kürbiskerne für zukünftige Suppen.
  

Zum Abschluss liest uns Rita noch das Märchen vom Schäfer ohne Schafe, der einen Holunder rettet und am Ende nicht nur einen erstklassig bezahlten Arbeitsplatz erhält, sondern obendrein eine formidable Braut.
Text: Isabelle Wagner       Fotos: Anna Adam